Tauschbörsennutzer geben fast 50% mehr Geld für Musik aus

Nachdem die Medienindustrie jahrelang die Nutzer von Tauschbörsen verleumdet, als Piraten beschimpft und verklagt hat, stellte gerade eine Studie der Industrienahen NPDGroup fest (Marktforscher - nicht die Partei…), dass US-Amerikanische Tauschbörsennutzer zwischen 18 und 35 fast 50% mehr Geld für Musik, Konzerttickets und Merchandise ausgeben als nicht-Nutzer (heise berichtete1)2

Update: In Deutschland ist der Effekt sogar noch stärker: Deutsche Tauschbörsennutzer kaufen fast 3x so viel wie Nicht-Nutzer. La Quadrature du Net verlinkt und bespricht eine Vielzahl weiterer Studien zum Thema.

Nachdem sie uns also jahrelang gejagt haben, wie wäre es mit einer Entschuldigung? Durch unsere meist unbezahlte Fan-Arbeit haben Musiker und Musikfirmen deutlich mehr verdient, als sie es ohne uns getan hätten.

Update: Nachdem Megaupload offline ging, haben die Filmfirmen weniger Umsatz gemacht als zuvor, und das kann auf verlorene Werbeeffekte zurückgeführt werden: “we find that the [Megaupload] shutdown had a negative, yet in some cases insignificant effect on box office revenues” — Piracy and Movie Revenues: Evidence from Megaupload, Christian Peukert und Jörg Claussen, SSRN, October 22, 2012 / doi 10.2139/ssrn.2176246. Interessanter Nebenaspekt: Im Abstract wurde das “in some cases” weggelassen: aus einem “negative, yet in some cases insignificant effect” wurde ein “negative, yet insignificant effect”. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.

Ich habe seit ich 18 bin an verschiedenen Tauschbörsen mitentwickelt3, und ich wurde in Fernsehpropaganda als Pirat bezeichnet, mir wurde gesagt, ich würde im Knast vergewaltigt werden und meine Kinder würden ohne Vater aufwachsen.

Und jetzt geben diese Verleumder offen zu4, dass sie dank meiner unbezahlten Arbeit und der unbezahlten Arbeit vieler anderer Millionen und Abermillionen mehr verdient haben.

Wie wär’ es also mit einer Gewinnbeteiligung — oder wenigstens einer Entschuldigung?

Ihr habt behauptet, wir würden euch Schaden verursachen und dafür z.B. Greg Bildson von Limewire das gesamte Privatvermögen konfisziert. Und jetzt gebt ihr zu, dass er euch riesige Gewinne in die Kassen gespült hat. Habt ihr wenigstens den Anstand, ihm das Geld zurückzugeben?

Oder euch zumindest zu entschuldigen für die über ein Jahrzehnt lang mit Millionenbudget vorangetriebene öffentliche Rufschädigung?

Ich bezweifle es ja… die Erfahrung zeigt etwas anderes, aber ich lasse mich gerne überraschen. Meine Kontaktseite steht für Entschuldigungen zur Verfügung. Gerne natürlich auch für anderes (das kein Spam ist).

Genauso bezweifle ich auch, dass diese Bestätigung des lange bekannten Nutzens von Tauschbörsen für Kulturelle Teilhabe etwas an dem Kampf der großen Medienfirmen gegen Tauschbörsen ändern wird. Auch dass nun gezeigt wurde, dass die Medienfirmen nicht nur nichts verlieren, sondern dank Tauschbörsen jedes Jahr viele Millionen zusätzlich verdienen, wird nichts ändern. Denn es geht nicht um Geld, sondern um die Kontrolle des Vertriebskanals. Sie wollen kontrollieren können, wer wann was konsumieren kann, denn dadurch können sie festlegen, mit welchen Werken Geld verdient werden kann und mit welchen nicht. Ansonsten könnten ja die Künstler den Vertrieb selbst in die Hand nehmen. Gesellschaftlich heißt das, dass wir uns an den Sinn des Urheberrechtes erinnern und entsprechend die Gesetze anpassen sollten.


  1. Die Studie selbst verlinke ich nicht, die ist vermutlich eh bald wieder offline, kennen wir ja schon

  2. Um meinem statistischen Gewissen gerecht zu werden, muss ich hier darauf hinweisen, dass das nur eine Korrelation ist, und dass die Mehrausgaben aus dem digitalen Bereich kommen (für CDs geben P2P-Nutzer und Nicht-Nutzer etwa gleich viel aus). Vielleicht sind P2P-Nutzer auch einfach nur diejenigen, die mehr Zeit haben. Oder Fans nutzen Tauschbörsen, weil sie nicht genug Geld haben, um sich alles zu kaufen, das ihre Idole produzieren. Und ein großer Teil der Mehrausgaben geht in Konzertkarten und Merchandise, die meist direkt an die Musiker gehen, nicht an die Musikfirmen (ohne das geben P2P-Nutzer 14% mehr Geld für Musik aus). Aber Scheiß drauf: Die bösen Piraten sind gleichzeitig diejenigen, die euch am meisten Geld geben. Und jetzt haben wir das selbst von einem Industrienahen Institut belegt. 

  3. Angefangen habe ich mit der Übersetzung von Acquisition (das ist nicht frei, daher verlinke ich es nicht), dann kam ich zu Mitentwicklung und Moderation im Gnutella Entwickler-Forum, Übersetzung, Dokumentation und Support für Phex und inzwischen Mitentwicklung and Wartung von dezentraler Versionsverwaltung über Freenet (Infokalypse - setup), weil das den Schutz der in unserem Grundgesetz verankerten freien Meinungsäußerung als oberstes Ziel hat und dafür starke Anonymität liefert. 

  4. Naja, sie geben es nicht ganz offen zu. Sie sagen, wir hätten nur 15% mehr ausgegeben, weil Konzerttickets und Merchandise nicht gelten würden (die bringen wirklich den Musikern Geld) und bei der Gesamtsumme verrechnen sie sich noch, weil sie das Zwischenergebnis mit rein rechnen und so nur auf 39% mehr kommen (1+2+3 = 9, weil 1+2=3+3…). Aber wenn man ihre Zahlen sauber nachrechnet5, kommt man auf 47% mehr Ausgaben durch Tauschbörsennutzer (jährlich 206$ gegenüber 140$). 

  5. Kurz die Aufstellung (von Michael Geist), damit sie nicht in Links verloren geht: Jährliche Ausgaben von P2P-Nutzern zwischen 18 und 35: CDs 23$, Bezahldownloads: 35$, Abogebühren: 5$, Merchandise: 52$, Konzertkarten: 91$. Nicht-Nutzer: CDs 24$, Bezahldownloads: 29$, Abogebühren: 2$, Merchandise: 20$, Konzertkarten: 63$. Nur für digitale Musik: P2P-Nutzer: 63$, Nicht-Nutzer: 55$ (P2P-Nutzer zahlen 14,5% mehr). Insgesamt für Musikgenuss: P2P-Nutzer: 206$, Nicht-Nutzer: 138$ (P2P-Nutzer zahlen 49,3% mehr). 

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