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Klarnamenspflicht schadet der Online-Kommunikation

Klarnamenspflicht hilft nicht, den Kommunikationsstil im Internet zu verbessern. Leute sind unter Klarnamen sogar schlimmer [1], und rassistische Hetze wird v.a. mit identifizierbaren Accounts verbreitet [2].

Und Pseudonymität zu zerstören würde gerade denen Schaden, die auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam machen.

Was wirklich hilft sind die richtigen Kommunikationsstrukturen, mit denen es Konsequenzen gibt, die das Ziel der Störenden schwerer erreichbar machen. Wer stört, verliert. Wer konstruktiv beiträgt, erreicht, was er oder sie wollte — z.B. üblicherweise Aufmerksamkeit.

Ein Beispiel ist das Web of Trust, das im Freenet Projekt verwendet wird [3] — einer Plattform, auf der es seit zwei Jahrzehnten echte Anonymität gibt und niemand zentral ausgeschlossen werden kann, so dass Möglichkeiten gefunden werden mussten (und gefunden wurden), Kommunikation angenehm zu halten, die nicht von zentral ausgewählten Moderatoren abhängen.

Es hilft sowohl gegen Spam als auch gegen andere Arten von Störungen.

Die großen Plattformen im Clearnet nutzen dagegen nur eine korrumpierte Art von Trust: Wer ihnen Geld gibt, wird überall sichtbar, und Follower wurden vor einiger Zeit auch auf Twitter durch "der (völlig intransparente) Algorithmus entscheidet, was du siehst" ersetzt.

Allgemein ist Klarnamenspflicht auf allen Kommunikationsplattformen Unfug.

Das einzig sinnvolle könnte vielleicht sein, die Betreiber zu verpflichten, auf Anfrage der Polizei schnell Auskunft zu geben — bei strafbaren Handlungen wie persönlicher Beleidigung, Bedrohung und Volksverhetzung. Private haben allerdings in den letzten Jahren immer wieder gezeigt, dass die für die Verfolgung von Hasskriminalität nötigen Informationen schon jetzt schnell zu finden sind; wenn diese ernstgenommen wird. Das ist also streng genommen auch nicht sinnvoll, würde aber das Risiko von Datenlecks bedeuten: wenn die Plattform ihre Daten an Kriminelle verliert (wie es inzwischen den meisten Plattformen passiert ist), können alle Nutzer gerade durch die identifiziert werden, die das am wenigsten können sollten.

Werke von Arne Babenhauserheide. Lizensiert, wo nichts anderes steht, unter der GPLv3 or later und weiteren freien Lizenzen.

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Links:
[1] https://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371%2Fjournal.pone.0155923
[2] https://netzpolitik.org/2021/anonymitaet-im-netz-rassistinnen-kommentieren-mit-identifizierbaren-accounts/
[3] https://www.draketo.de/english/freenet/friendly-communication-with-anonymity